Pflegeheim, Hospiz, Betreungspersonal
#1
Liebe Carmen
Meine Frau und ich bekommen nun 9 Wochen im Jahr eine Auszeit. Da geht sie immer fuer eine, auch mal 2 Wochen in das selbe Pflegeheim, selbes Zimmer und das Personal kapiert so langsam, wie sie zu pflegen ist.
Ich will nun mir die Zeit nehmen Dir mal ausfuerlich zu schreiben. Du schriebst

.....Lange ist es her, dass ich hier geschrieben habe. Meine Mutter (61) hat ihre Diagnose ja vor erst 2 Jahren bekommen und wir haben durch die Stürze sämtliche Krankenhäuser Bremens mitgenommen. Wenn ich hier mal mitgehe, dann ist die Progression beu Deiner armen Mutter sehr schnell vorangegangen.

Nun habe ich viel mit der Parkinson Organisation
hier in Australien zu tun (die haben PSP unter ihre Fittiche genommen), und
ich kann hier nur sagen, PSP ist von einem anderem Kaliber ohne Parkinson Leiden zu verharmlosen. PSP ist wahrlich eine Heimsuchung, seelischer und koerperlicher Art; was den Verfall,das Trauma fuer alle, Folge von Stuerzen, Nebenwirkungen von Medikamenten, Unwissen in der Aerzteschaft betrifft.

......die Schübe der Krankheit verlaufen bei ihr so schnell, dass selbst unsere Ärzte erschüttert sind. Vor 6 Wochen nun musste sie auf die vollstationäre Pflegestation verlegt werden. Aktuell ist es so, dass sie sich kaum mehr artikulieren kann, Essen ist ihr unangenehm, bald wird das Thema PEG im Raum stehen. Bewegungsapparat funktioniert kaum noch, sie braucht also bei allem Hilfe.

Carmen, das ist ja sehr traumatisch und traurig. TUt mir so leid, ist Deine werte Mutter noch am Leben?

Bei PEG kann ich nur sagen, Mai 2011 bei Brigitte gesetzt verlaengert ihr Leben um mindestens 5 Jahre, sie hat nach 6 Monaten wieder ihr Idealgewicht und Muskeln erreicht, ist fuer mich als Pflegeperson praktischer. Das Wichtigste ist Hygiene bei PEG, ich weiche alle Instrumente in einem separaten Becken mit Spuelmittel und ein paar Tropfen Bleiche fuer 2 Stunden ein. Bei Hitze, Schwueles Wetter, Schwitzen muss das PEG taeglich mit Watte getraenkt in Kenacombe oder andere Salbe unterlegt werden, besonders nachts.

.....Und dann stehst Du da, ohne die starke Schulter an Deiner Seite. Erfreulich ist aber, dass sich mein Bruder (31) nach anfänglicher Unsicherheit so liebevoll um unsere Mutter kümmert, dass mein Herz platzt, vor Schwesterstolz! Und "unser" Pflegeheim ist einfach nur toll! Davon ab, dass man sich dazugehörig fühlt um vom Hausmeister über die Köche bis hier zur Heimleitung jeden kennt, setzen sich alle sehr für meine Mutter ein. Wir fühlen uns dort sehr gut aufgehoben und mein Bruder und ich sind im Wechsel auch jeden Tag dort.

Na das hoert sich doch gut an mit dem Pflegeheim und dass Dein Bruder hilft.

......einen Abschied "auf Raten." Was soll ich groß sagen, Ihr wißt alle, wie es ist, einen geliebten Menschen mit der Krankheit zu begleiten: Die Wut, die Hilflosigkeit, das heimliche Weinen im Auto, wenn man aus dem Pflegeheim kommt usw.

Ja, geht mir auch so, kommt in Anfaellen.

......Ich musste ja lernen, einen großen Teil Verantwortung an das Pflegepersonal abzugeben (war nicht einfach)ich musste über meine Trennung hinwegkommen (bin ich noch nicht)aber an DIESEM Abend hab ich mich so unglaublich über das Wetter, meine olle Apfelschorle und Tapas gefreut... Was ich sagen will: Solche Dinge haben einen ganz anderen Stellenwert bekommen! früher ist man oft "mal eben" ins Kino, was Essen usw. gegangen, heute ist es etwas Besonderes. Versteht Ihr, was ich sagen will?

Genau, ich verstehe dich voll, weil man irgendwie mitstirbt, wenn eine starke Beziehung besteht, und dann sind auch Kleinigkeiten ganz ganz wichtig, einen selten Vogel sehen, einen tollen Kuchen essen, gestern sind 8 schwarze Kakadus
ueber unser Haus geflogen, das ist kosmisch fuer mich.

.......einen Job machen, der mit mehr "Sinn" gefüllt ist. Im Herbst werde ich zum Beispiel an einem Hospizkurs für Ehrenamtliche teilnehmen.

Na, da hat sich was in der Seele getan bei Dir, lass es zu aber nicht uebertreiben, bis Du wieder stark bist.

....... Nun sagen sie "Löwentochter" zu mir.

Also ich bin die Loewenmutter, wie ein Verrueckter setze ich mich fuer Brigitte ein, bis ins Parlament. Hat viel geholfen!!

.........Aber schlussendlich: ich bin soo kaputt und müde... Jetzt wo ich meine Mutter in guten Händen weiß, merke ich die letzten zwei Jahre extrem.

Erholen, so gut es geht, Sport, Tennis, Schwimmen, Massage

........Und ich fürchte auch, dass ich mir eine Schutzmauer gebastelt habe, an manchen Tagen kann ich nicht mal mehr weinen. Und doch brauche ich meine Kraft um sie weiterhin bestmöglich zu begeleiten. Denn: diese Aufgabe ist die schönste und zugleich schlimmste, die man als Tochter haben kann.

Das hast du so toll gesagt, dass mir eine Gaensehaut ueberlaeuft. Habe nichts mehr zu sagen als: alle Achtung, Carmen. Und alles Gute.....

Harald und Brigitte
Australien
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#2
Hallo alle zusammen,

mein letzter Beitrag ist jetzt schon fast zwei Jahre her. Die Krankheit meines Mannes ist weiter fortgeschritten.
Er wird jetzt künstlich ernährt (PEG).
Er kann nur noch wenige Schritte mit meiner Unterstützung laufen.
Wir haben ein Pflegebett im Wohnzimmer aufgestellt.
Er kann gar nicht mehr sprechen. Wir haben eine Kommunikationsunterstützung (Tastatur mit Sprachausgabe) besorgt, die auch eine Zeitlang gut geholfen hat. Jetzt kann er sie aber nicht mehr bedienen.
Nach dem Aufenthalt in einer Uni-Klinik, bei dem die Medikation neu eingestellt werden sollte (das ist nochmal eine eigenes Thema!), ist er inkontinent, vorher nicht.
Er hat Symptome, die hier auch schon mehrfach beschrieben worden sind:
kein Stuhlgang über mehrere Tage hinweg (Colon-Massage hat geholfen), dann wieder Durchfall;
Schleimansammlung im Rachenraum (saugen wir jetzt ab);
husten, räuspern, röcheln (verängstigt die jüngsten Enkelkinder);
extreme Steifheit im Schulter- und Rückenbereich, was dazu führt, dass er den Kopf ständig weit nach hinten neigt, und er hat dadurch natürlich auch Schmerzen;
Doppeltsehen, die Beweglichkeit der Augen ist fast gar nicht mehr vorhanden.

Das alles lässt nur noch wenig Lebensqualität übrig.

Anfang letztes Jahr habe ich geschrieben, dass ich mich am Rande meiner Kräfte fühle – dieser Rand ist scheinbar ganz schön elastisch. Ich betreue meinen Mann immer noch selbst, bis vor kurzem mit Unterstützung einer Frau, die Verhinderungspflege gemacht hat. Sie hat aber jetzt aufgegeben, kann sie nicht mehr, weder physish noch psychisch.

Die Medikation erfolgt immer noch mit Levodopa/Benzerazid und Amantadin. Zwischendurch hat Harald auch Zopiclon zum Schlafen bekommen. Das nimmt er aber nicht mehr. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass die Medikamente noch wirken. Was wirklich eine positive Wirkung hat, bei meinem Mann natürlich, sind Ergo- und Physiotherapie. Die Logopädin hat auch schon aufgegeben.
Ich will mich jetzt um ambulante Intensivpflege bemühen, weil's langsam wirklich nicht mehr geht. Mal sehen, ob die genehmigt wird. Ich habe auch schon an ein Hospiz gedacht, aber in seiner letzten Lebensphase ist mein Mann noch nicht angekommen, obwohl ich schon ein bis zweimal nachts das Gefühl hatte, jetzt geht es zu Ende.

viele Grüße von Heike
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